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Gefahren durch Gletscher nehmen zu

11:02
6. Juli 2022

Unglück in den Dolomiten
Gefahren durch Gletscher nehmen zu

In den Dolomiten sind mehrere Personen bei einem Gletschersturz ums Leben gekommen. Im Zuge des Klimawandels werden solche Ereignisse immer wahrscheinlicher. Das ist aber nicht die einzige Gefahr, die von Gletschern ausgeht.

Ein Gletscherabbruch in den Dolomiten hat am vergangenen Sonntag mehrere Menschen das Leben gekostet. Ursache des Unglücks an der Marmolata, dem höchsten Gipfel der Dolomiten waren wahrscheinlich die aussergewöhnlich hohen Temperaturen.

Dadurch gelang viel Schmelzwasser von der Oberfläche des gleichnamigen Marmolatagletschers durch die Spalten ins Innere des Eises. Der hohe Wasserdruck und die hohen Temperaturen führten zum Kollaps: Ein Teil des Eises verlor die Haftung am Gletscherbett und stürzte in dem steilen Gelände ins Tal.

Eisstürze keine Seltenheit

Besonders bei sogenannten Hängegletschern sind Eisabbrüche keine Seltenheit. Diese Gletscher befinden sich an Bergflanken in extrem steilen Gelände. Immer wieder tun sich durch die natürlichen Bewegungen des Eises unter Einfluss der Schwerkraft grössere Spalten auf, die letztendlich zu Gletscherabbrüchen führen.

Wo mögliche Eisabbrüche Orte, Bergbahnen oder beliebte Bergtouren bedrohen, sind die Gefahren häufig bekannt und die Gletscher werden rund um die Uhr überwacht. In der Schweiz ist dies beispielsweise oberhalb der Jungfraubahn bei der Zwischenstation Eigergletscher der Fall. Oder auch am Weissmies, einem Walliser Viertausender, unterliegt der Triftgletscher steter Beobachtung. Beim letzteren hat sich erst Ende Juni ein Gletscherabbruch ereignet, wie das folgende Video zeigt:

Mit Kameras und Radar-Technik wird dabei die Bewegungsgeschwindigkeit des Gletschers berechnet. Ein Gletscherabbruch kündigt sich nämlich häufig mit einer zuvor rasch steigenden Fliessgeschwindigkeit an. Im Idealfall kann also ein möglicher Abbruch frühzeitig erkannt werden. Ein solches Monitoring ist aber kostenintensiv und kommt daher nur bei Verdacht auf eine Gefährdung zum Einsatz.

Klimawandel macht Gletscherabbrüche wahrscheinlicher

Die Stelle des Eisabbruchs am Marmolatagletscher befindet sich in recht steilem Gelände, auch wenn es sich nicht um einen Hängegletscher im klassischen Sinne handelt. Im Zuge der schnellen Veränderungen, der die hochalpine Landschaft zurzeit unterworfen ist, muss man in Zukunft häufiger mit solchen Ereignissen rechnen; auch an Stellen die bisher vermeintlich als sicher galten.

Zum einen sorgen die immer höheren Temperaturen im Gebirge für stärkere Gletscherbewegungen. Zum anderen hinterlassen die sich zurückziehenden Talgletscher Resteis an steileren Bergpartien, das von dem zuvor darunter liegenden Gletschereis nicht mehr gestützt wird.

HängegletscherUnterhalb von stark zerklüfteten Eismassen im steilen Gelände ist die Gefahr von Eisabbrüchen gross.

Auch die Gefahr durch Hangrutschungen und Felsstürze nimmt zu, da die schmelzenden Gletscher und der tauende Permafrost die Hänge und Felsen nicht mehr stabilisieren.

Gletscherseen als potenzielle Gefahr

Die Gefahr, die von den Gletschern ausgeht, beschränkt sich nicht nur auf Eisstürze. Unterhalb der Zunge sammelt sich das Schmelzwasser oft in Gletscherseen. Das Wasser wird dabei häufig durch sogenanntes Moränenmaterial aus lockerem Kies und Geröll oder Eisresten aufgestaut. Starke Niederschläge, zu hoher Wasserdruck oder das Schmelzen dieser Eisreste können den natürlichen Damm einstürzen lassen und eine Flutwelle macht sich auf Richtung Tal.

Etwa in Zermatt führte der Triftbach im Sommer 2019 während einer heissen Periode ohne Niederschlag plötzlich Hochwasser. Ein unterirdischer Gletschersee hatte sich plötzlich entleert.

Webcam Plaine MorteDer Gletschersee auf der Plaine Morte ist aktuell gut gefüllt. - © gletschersee-lenk.ch

In Lenk kommt es seit 2011 fast jeden Sommer zu Überflutungen. Hierfür ist ein Gletschersee auf der Plaine Morte verantwortlich, der sich jährlich neu bildet. Nachdem ein Hochwasser im Jahr 2018 grosse Schäden anrichtete, hat man mit baulichen Massnahmen versucht den Gletschersee jeweils kontrolliert zu entwässern. Auch dieses Jahr will man das Wasser wieder künstlich abfliessen lassen.

Da sich die Alpengletscher immer weiter zurückziehen, kommen in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche neue Gletscherseen hinzu. Eine Studie der ETH Zürich zeigt, dass sich bei einem kompletten Verschwinden der Gletscher allein in der Schweiz über 600 neue Seen bilden könnten.

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