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Winter 1978/79 - Spezial

Die Schneestürme in der DDR

Energieversorgung brach zusammen

Besonders schlimm wüteten die Schneestürme des Winters 1978/79 im Norden der ehemaligen DDR. Auf der Insel Rügen setzte der erste Schneesturm bereits am 28. Dezember ein. Unter der damaligen politischen Konstellation wurde aber kaum über die verheerenden Folgen des Desasters berichtet.

Zusammenbruch der Energieversorgung bei minus 20 Grad

Bei bis zu minus 20 Grad waren Wasserleitungen eingefroren und Haushalte tagelang ohne Strom und Heizung. Auch in den Häusern lag die Temperatur oft unter dem Gefrierpunkt, die Menschen sassen im Kalten. Bild: Egon Nehls

In Teilen des Landes brach die Energieversorgung komplett zusammen. Die Menschen sassen teils flächendeckend im Dunkeln und kalt, Wasser- und Abwasserrohrbrüche waren die Folge. Zudem verendeten unzählige Schweine und Rinder in der Kälte. Die Braunkohletagebaue um Leipzig - Lebensader der DDR-Industrie - kamen fast vollständig zum Erliegen. Für die Wirtschaft war dies ein schwerer Schlag. Braunkohle hat einen hohen Wasseranteil und ist bei der Kälte einfach zusammengefroren. Auch die Kohle auf Zügen oder auf Halden war daher nicht mehr nutzbar.

Aufräumarbeiten nach dem Schneesturm im Norden der DDR

Viele Landstrassen wurden von den Dorfbewohnern nach Tagen ohne Kontakt zur Aussenwelt in Eigenregie mühsam mit der Schaufel geräumt. Bild: Egon Nehls

Einige Jahre vor diesem Wintereinbruch wurde das Stromnetz der DDR endgültig vom Westen abgekoppelt, somit war auch keine schnelle Energiehilfe aus dem Westen möglich. Die Nordbezirke der DDR versanken binnen weniger Stunden unter einem mehrere Zentimeter dicken Eispanzer - die Folge des zunächst gefrierenden Regens. Dann setzt ein 78-stündiger Schneesturm ein. Nichts bewegte sich mehr. Rentner, die vom Feiertagskaffeetrinken nach Hause wollten, warteten in den Haltestellenhäuschen am Dorfrand vergeblich auf ihre Busse.

Die Insel Rügen war komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Selbst als viele Rüganer bereits ums Überleben bangten, verkannte die DDR-Führung immer noch das Ausmass der Katastrophe. Erst am 3. Januar schickte sie zur Unterstützung Panzer auf die Insel. Für Viele kam die Hilfe zu spät: So wurden die letzten Opfer erst im Frühjahr nach der Schneeschmelze gefunden. Bis heute gibt es keine gesicherten Informationen über die Zahl der Todesopfer in der DDR. Im Westen kamen 17 Menschen ums Leben, im Osten wurden offiziell nur fünf (!) vermeldet.

Auch der Schienenverkehr brach streckenweise zusammen

Züge mit hunderten Reisenden steckten tagelang fest. Sie konnten nur mühsam frei geschaufelt oder von einer der wenigen Schneefräsen erreicht werden, die der DDR zur Verfügung standen. Bild: Egon Nehls

Erwähnenswert ist die Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität. Lokal halfen sich die Menschen gegenseitig. Sie rückten auch näher zusammen. Der eine Nachbar hatte noch ausreichende Lebensmittelvorräte, der andere noch einen alten, funktionierenden Ofen. Die sowjetische Armee mit schwerer Technik war wochenlang im Einsatz. Das ganze lief völlig pragmatisch mit hohem, lokalem Improvisationstalent und so überhaupt nicht abgestimmt oder koordiniert mit der offiziellen Staatsführung der DDR."

Auch Mecklenburg-Vorpommern versank im Schnee

Anders als ihre Eltern konnten Kinder den Schneemassen durchaus auch erfreuliche Seiten abgewinnen. Bild: Jürgen Pons

Wir danken Jürgen Pons für seine hier dokumentierte Schilderung der Auswirkungen der Katastrophe in der DDR. Eine weitere, ausführliche Dokumentation des Geschehens findet man im folgenden Beitrag des rbb auf Youtube: Der Katastrophenwinter 1978/79 (externes 45-Minuten-Video).

Lesen Sie im nächsten Teil wie im Februar 1979 über dem Norden Deutschlands ein zweiter Schneesturm tobt.

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