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Donnerstag, 01.04.2021

Neues vom Mars-Wetter

Mysteriöse Wolke über Marsvulkan

Ein mysteriöses Wolkengebilde über dem Mars-Vulkan Arsia Mons versetzt Forscher in Erstaunen. Die Wolke bildet sich während des Sommers stets in den Morgenstunden und wächst binnen Stunden zu einem fast 2000 Kilometer langen Band heran.

Das vom Marsvulkan Arsia Mons ausgehende Wolkenband kurz nach Sonnenaufgang: Weit erstreckt sich die gut 150 Kilometer breite Wolke über den roten Planeten. Bild: ESA (Europäische Weltraumorganisation)

Nachdem sie sich am Ende der Nacht formiert hat, löst sich die Wolke gegen Mittag immer wieder auf. Bis zum nächsten Morgen bleibt es anschliessend wolkenlos. Dann wiederholt sich das Schauspiel und so geht es etwa zweieinhalb Monate lang weiter. Tag für Tag entsteht die mysteriöse Wolke über dem Vulkan aufs Neue, nur um nach wenigen Stunden wieder komplett zu verschwinden. Es scheint beinahe so, als stosse der 14 Kilometer hohe Vulkan jeden Morgen eine weisse Aschewolke aus, die anschliessend vom Wind über grosse Entfernungen davongetragen wird.

Auf dem Mars gibt es zahlreiche uralte Vulkane. Sie gelten allerdings durchweg als seit Jahrmillionen erloschen. Hier die Tharsis-Region mit ihren gewaltigen Schildvulkanen. Bild: ESA

Zum ersten Mal beobachtet wurde das seltsame Phänomen schon vor Jahren. Doch erste Spekulationen über einen augenscheinlichen Vulkanausbruch wurden umgehend wieder verworfen. Denn der Vulkan ist schon seit 100 Millionen Jahren erloschen. Zudem würde die seltsame Wolkenfahne dann nicht so regelmässig zu immer der gleichen Jahres- und Tageszeit auftauchen, zu anderen Zeiten dagegen nie. Schnell waren sich die Forscher daher einig, dass es sich um eine orografische Eiswolke handelt, deren Gestalt allein von der Landschaft beeinflusst wird.

Die stehende Wolke bildet sich immer dann, wenn die Luft mit Beginn des Marssommers aus einer ganz bestimmten Richtung über die Flanken des Vulkans weht, angehoben wird und wie in einem unsichtbaren Kamin bis zu 45 Kilometer hoch in die Atmosphäre aufsteigt. Dabei kühlt sie sich stark ab, sodass in ihr enthaltene, winzige Spuren von Wasserdampf zur Eiswolke kondensieren. Den Rest erledigt der Höhenwind: Er treibt den Wolkenschleier mit rund 600 Kilometer pro Stunde in westliche Richtung davon.

Der Olympus Mons, ein Nachbarvulkan des Arsia Mons, ist mit 26 Kilometer Höhe nicht nur der grösste aller Mars-Vulkane, sondern auch der grösste Vulkan des ganzen Sonnensystems. Bild: NASA

Im Laufe des Vormittags erwärmt sich die Luft infolge der Sonneneinstrahlung, sodass die zur Bildung der Eiskristalle nötigen strengen Minusgrade nicht mehr erreicht werden. Damit versiegt jedoch auch der Nachschub an Eiskristallen und der sichtbare Teil der Luftströmung, die Wolkenfahne, verdunstet. Diesen Lebenszyklus konnten jetzt Forscher anhand von Bildern einer speziellen Kamera der ESA-Sonde Mars-Express entschlüsseln. Nach ihren Erkenntnissen handelt es sich um die grösste je auf dem Mars beobachtete orografische Wolke.

Solche Wolken bilden sich in weitaus kleinerem Massstab auch auf der Erde. Sie sind Ergebnis von Windströmungen, die von Bergen oder Gebirgsketten angehoben und in Gestalt stehender Wolken sichtbar werden. Allerdings sind auf dem Mars offenbar nur am Arsia Mons alle Voraussetzungen für eine derart ungewöhnliche Wolke erfüllt. Über keiner anderen Marsregion wurden bisher ähnliche Wolken gesichtet. Am ehesten lässt sich das Gebilde mit irdischen Lenticulariswolken vergleichen, die sich allerdings nie über Hunderte Kilometer in die Länge ziehen.

Abseits der Erde konnte aktiver Vulkanismus bisher nur auf dem Jupitermond Io beobachtet worden, dem vulkanisch aktivsten aller Himmelskörper unseres Sonnensystems. Bild: NASA

Lange Zeit ging die Forschung übrigens davon aus, dass die Erde der einzige Planet mit aktiven Vulkanen ist. Zwar weiss man, dass es in historischer Zeit auch auf dem Mars grosse Vulkanausbrüche gab, doch sind diese Vulkane inzwischen erloschen. Planetenforscher vermuten, dass es jedoch auf der Venus noch aktive Vulkane gibt, die nur wegen deren dichten Wolken unsichtbar bleiben. Auch auf dem Jupitermond Io spucken zahllose Vulkane Feuer und auf vielen kalten Himmelskörpern sind sogenannte Kryovulkane aktiv, die statt Lava Eis ausstossen.

(Ein Bericht von Jürgen Vollmer aus der WetterOnline-Redaktion mit Informationen der ESA)

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