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Unwetter im Rückblick

Montag, 02.03.1987

Eisregen verwüstet ganze Wälder

Unwetterfront zum Winterfinale

Extremer Eisregen hat am 2. März 1987 Teile Deutschlands heimgesucht. Dauerregen überzog bei Minusgraden ganze Regionen mit einer zentimeterdicken Eisschicht. Zehntausende Bäume brachen unter der Eislast zusammen.

Von Nordholland über Deutschland hinweg bis nach Oberösterreich überall das gleiche Bild: Regen bei Minusgraden überzieht alles, was dem Unwetter ausgesetzt ist, mit einem zentimeterdicken Eispanzer. Bild: Petra Hubrig

Ursache der extremen Wetterverhältnisse ist ein kleines Tief, das von den Niederlanden über das westliche Deutschland hinweg Richtung Adria zieht. Seine Wetterfronten formieren sich zu einer scharfen Luftmassengrenze, die eisige Frostluft im Nordosten von milder Atlantikluft im Südwesten trennt. Das Tief selbst rutscht entlang der Luftmassengrenze langsam südostwärts und bringt in Deutschland einem Streifen vom Münsterland über Ostwestfalen, Südniedersachsen und den Osten Hessens hinweg bis ins östliche Bayern stundenlang massiven Eisregen.

Wetterkarte vom 2. März 1987 mittags: Milde Atlantikluft und eisige Frostluft prallen entlang einer scharfen Luftmassengrenze aufeinander. Im zentralen Bereich dieser Front fällt bei leichtem Frost stundenlang gefrierender Regen.

An dieser Unwetterfront prallen enorme Temperaturgegensätze aufeinander: Eisige minus 7 Grad in Bremen stehen lauen plus 9 Grad im Ruhrgebiet gegenüber. Den ganzen Tag herrscht entlang dieser Grenze ein meteorologisches "Patt". Weder die kalte noch die milde Seite kann an Raum gewinnen. Weil sich die leichtere milde Luft in der Höhe aber mehr als 100 Kilometer weit über die nur rund 500 Meter hohe, schwerere Frostluft schiebt, kann sich dort eine Schicht mit Plusgraden durchsetzen. Daraus regnet es in die eisige Grundschicht hinein.

Sobald der in der Frostluft unterkühlte Regen auf Oberflächen trifft, friert er schlagartig fest. Die vom Eis überzogenen Bäume haben dadurch Belastungen bis zum achtzigfachen ihres Eigengewichtes zu tragen. Bild: Manfred Hubrig

Die Folgen für die betroffenen Regionen sind verheerend: Vor allem in einem etwa 70 Kilometer breiten Streifen zentral unter der Front fallen teils zweistellige Regenmengen. Dort legt sich ein zentimeterdicker Eispanzer über alles, was dem Regen ausgesetzt ist. Dies führt zu immensen Schäden an der Infrastruktur: Zehntausende Bäume und dutzende Strommasten brechen unter der Eislast zusammen, stürzen auf Strassen und Schienen und legen den Verkehr vielfach lahm. Stromausfälle lassen Tausende frieren und in den Wäldern besteht Lebensgefahr.

Am stärksten sind in Deutschland das Münsterland und Ostwestfalen betroffen. Während Nadelbäume mit dem Eis noch halbwegs zurecht kommen, werden bis zu 90 Prozent aller Laubbäume geschädigt. Bild: Manfred Hubrig

Nach Passage des Tiefs stösst die Kaltluft südwestwärts vor und überzuckert die vom Eis glasierte Natur noch mit einer dünnen Schneedecke. Dabei sorgt ein böiger Nordostwind für neue Probleme: Bäume, die dem Gewicht des Eises noch mit Ach und Krach standgehalten hatten, stürzen unter dem zusätzlichen Druck des Windes reihenweise um. Regional werden bis zu 90 Prozent der Forstbestände geschädigt. Dann folgen zwei sonnige, aber eisige Wochen mit Nachtfrösten bis minus 15 Grad. Erst Mitte März gibt Tauwetter die erstarrte Natur wieder frei.

Brechen vereiste Bäume zusammen, klirrt es, wie wenn Glas zerspringt. Birken biegen sich unter der Last des Eises aber teils bis zum Boden ohne zu brechen. Dort frieren ihre Kronen allerdings für etliche Tage fest. Bild: Manfred Hubrig

Die enormen Schäden machen diesen Eisregen zu einem ganz aussergewöhnlichen Wetterereignis: Obwohl der Schadenspfad vergleichsweise schmal ist, zieht er sich von Holland über Deutschland hinweg bis ins österreichische Salzkammergut fast 800 Kilometer weit in die Länge. Eisbedingte Unfälle fordern direkt oder indirekt zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Die Schäden für die Versicherungswirtschaft betragen allein in Deutschland über 100 Millionen D-Mark, und das am Ende des letzten einer Serie von gleich drei teueren Eiswintern in Folge.

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